Die LINKE hat am 23.07.2020 ihre Landtagskandidat*innen für Pforzheim und den Enzkreis für die Baden-Württembergische Landtagswahl 2021 nominiert.
Für Pforzheim wird Hüseyin Okur als
Landtagskandidat antreten, unterstützt von Meltem Celik, die ihn als
Zweitplatzierte aktiv im Wahlkampf unterstützen wird.
Das Duo hat sich die Themen Bildung, Klima und
Sicherheitspolitik auf die Fahne geschrieben.
Im Enzkreis wurden Marvin Weiss und Stellvertreter
Maurice Knaus nominiert. Beiden sind die Zugänglichkeit der öffentlichen
Verkehrsmittel im ländlichen Raum, der Ausbau und die Modernisierung unseres
Bildungssystems sowie die damit einhergehende Digitalisierung wichtig.
„Aus eigener Beobachtung an meinem Gymnasium
kann ich berichten: Die schon lange dürftige Ausstattung der Schulen mit
modernen Medien und die mangelnde Digitalisierung wurde durch die Pandemie
lediglich offensichtlich. Besonders einkommensschwache Familien wurden hier
förmlich im Regen stehen gelassen und die strukturelle Ungleichheit in der
Bildung nochmals verschärft. Das muss und das wollen wir ändern!“, so Marvin
Weiss in seiner Vorstellungsrede.
Niklas Beith, Kreisvorstand der LINKEN.
Pforzheim/Enzkreis sagt zur Nominierungsveranstaltung: „Der rote Faden bei den
Kandidat*innen und auch bei uns im Kreisvorstand ist die Idee, dass wir als
Team agieren wollen, das haben alle Kandidat*innen in ihren Vorstellungsreden
betont und so wollen wir als Kreisverband auch in den Wahlkampf gehen. Das
unterscheidet uns meiner Meinung nach vom Rest der aktuellen Pforzheimer
Parteienlandschaft.“
Zudem gehe die Partei mit einer Reihe von sehr
jungen Kandidat*innen in den Wahlkampf, der älteste Kandidat, Okur, ist 35
Jahre alt, während der jüngste, Weiss, mit 17 Jahren, bei der
Nominierungsveranstaltung noch keine eigene Stimme abgeben durfte.
„Die LINKE in Pforzheim und dem Enzkreis wird immer
jünger. Das kann sicher nicht jede Partei von sich behaupten,“ so Beith.
Im Wahlkampf will er nicht nur im öffentlichen Raum
aktiv werden, sondern auch in den digitalen Medien: „Wir haben hier Lektionen aus
dem Kommunalwahlkampf gelernt, die wir nun noch fokussierter umsetzen werden,“
sagt Niklas Beith.
Bei der Frage, was als nächstes anstünde fügt er hinzu: „Wir arbeiten an
einer übergreifenden Strategie, die die Stärken unserer Kandidat*innen hervorhebt
und dafür die Stärken unserer aktiven Mitglieder nutzt.“
Meltem Celik (27), gebürtige Pforzheimerin, Kauffrau im Einzelhandel und Hüseyin Okur (35), gebürtiger Stuttgarter, Gesundheits- und Krankenpfleger, treten an, um den Landtagswahlkampf im Wahlkreis Pforzheim als „Team LINKS“ gemeinsam zu bestreiten.
Ungeachtet, wer von ihnen bei der Nominierungsveranstaltung der LINKEN. Pforzheim/Enzkreis am 23.07. als LandtagskandidatIn hervorgeht, wollen beide sich wechselseitig als ErsatzkandidatIn unterstützen. Ihre Themen dabei: Klima, Bildung und Sicherheitspolitik.
„Die Landtagswahl ist eine Chance, eine parlamentarische Neuaufstellung in Gang zu bringen. Jahrzehntelang regierte die CDU im Ländle, seit guten 9 Jahren mit den Grünen, aber weder sozial-ökologisch, bildungstechnisch noch sicherheitspolitisch hat sich wirklich was verändert,“ so Hüseyin Okur.
„Wir haben mittlerweile über 9 Jahre einen grünen MP, der eher der Automobilindustrie zugeneigt ist, als Umweltorganisationen und Klima-AktivistInnen wie Greenpeace und FFF. Deshalb sind die Hoffnungen auf einen ökologischen Wandel auch schon lange verflogen,“ ergänzt Meltem Celik.
Sie fügt hinzu: „Wir haben zum Beispiel heute nicht wirklich eine Infrastruktur von Fahrradwegen, die sich von der Zeit unterscheidet, in der unser Land schwarz regiert wurde.“
Auch beim Thema Bildung stünden wir nicht anders da als vor Schwarz-Grün, so Celik. Jährlich würden tausende LehrerInnen bzw. ReferendarInnen kurz vor den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt, nur um nach den Ferien wieder eingestellt zu werden.
„Auch Kürzungen und Stellenstreichungen gehören zum Repertoire dieser Landesregierung, obwohl Lehrermangel herrscht,“ sagt Celik dazu.
Zur Sicherheitspolitik sagt Okur: „Wir haben den letzten Jahren deutlich sehen können, wie unnötig die Kompetenzerweiterungen durch eine Verschärfung der Polizeigesetze sind. Das sieht man beispielsweise auch in unserem Wahlkreis, wo die Kriminalität laut Kriminalitätsstatistik seit Jahren messbar abnimmt und sich das subjektive Sicherheitsempfinden scheinbar trotzdem nicht verbessert.“
„Wir brauchen neben der außerparlamentarischen Opposition, auch den Druck von innen heraus. Daher wollen wir, als LINKE, eine produktive Konfrontation mit der Regierung suchen, um für einen echten sozial-ökologischen Wandel einzutreten, die Bildung nicht zu einer politischen Sparte dritter Klasse verkommen zu lassen und uns Pseudosicherheitsgesetzen entgegen zu stellen,“ sagt Celik.
„Wir wollen den Weg in den Wahlkampf gemeinsam gehen, solidarisch, als Team LINKS,“ fügt Okur hinzu. „Unsere Kandidatur unterscheidet sich so deutlich vom Zwist, der in den Parteien der Pforzheimer Politiklandschaft, von SPD bis AfD, in den letzten Monaten beinahe durchgängig vorherrschte. DIE LINKE ist eine Partei der Solidarität und das leben wir auch, wenn es um die Landtagswahlen geht.“
Der Gesetzesentwurf sieht u.a. den Einsatz von Bodycams in Wohnungen und Geschäftsräumen und verdachtsunabhängige Kontrollen vor Großveranstaltungen vor. Dazu gehören also auch Demonstrationen, Konzerte und Festivals.
DIE LINKE. Baden-Württemberg lehnt den Gesetzesentwurf ab. Das Polizeigesetz wurde erst 2017 verschärft. Es ermöglicht daher bereits jetzt intelligente Videoüberwachung, den Einsatz von Sprengstoff und Staatstrojanern.
Wir fordern von der Landesregierung die Rücknahme dieser Befugnisse! Eine weitere Ausweitung ist völlig inakzeptabel, auch weil man bei der Änderung 2017 selbst aus Sicht des Grünen Ministerpräsidenten Kretschmann bereits an die „Grenze des verfassungsmäßig Machbaren“ gegangen ist.
Die Black Lives Matter Bewegung hat in den letzten Wochen gezeigt, dass die Polizei für viele Menschen in Baden-Württemberg kein Freund und Helfer ist. Rassismus in der Polizei ist eine Realität, auf die die Landesregierung bisher keine Antwort gibt. Verdachtsunabhängige Kontrollen vor Großveranstaltungen begünstigen Racial Profiling. Der Gesetzesentwurf lässt eine Strategie gegen Rassismus in der Polizei gänzlich vermissen.
Zudem häufen sich in den letzten Monaten Nachrichten über rechte Strukturen und Netzwerke in der Polizei. Eine Polizei, in der sich Rechte organisieren und vernetzen können, ist eine ernste Gefahr für die Demokratie.
Aus dem Innenministerium gibt es auf diese Probleme keine Antworten, eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein – man siehe zum Beispiel die vor kurzem von Innenminister Seehofer abgesagte Studie zu Rassismus in der Polizei.
Die Versammlungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte werden durch das neue Polizeigesetz weiter beschnitten. Die immer stärker zu Tage tretenden Probleme der Polizei werden durch das neue Polizeigesetz weiter verschärft, anstatt endlich etwas gegen polizeiliches Fehlverhalten zu unternehmen und unabhängige Ermittlungsstellen einzurichten.
Anfang Juli durchsuchte die Polizei die private Wohnung eines Mitarbeiters des LINKEN Bundestagsabgeordneten Tobias Pflüger in Tübingen. Dieser Vorfall ist ein jüngstes Beispiel dafür, dass die Polizei auch in Baden-Württemberg willkürlich agiert.
Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der LINKEN aus dem Wahlkreis Tübingen, bezeichnete den Polizeieinsatz als „absolut skandalös“: „Die Durchsuchung der Privaträume eines Mitarbeiters eines Abgeordneten des Deutschen Bundestages, mit Beschlagnahmung von Parlaments-Dokumenten, offensichtlich ohne hinlängliche Beweise sind keine Mittel eines Rechtsstaates“.
Die ursprünglich für heute im Landtag angesetzte erste Lesung zur Verschärfung des Polizeigesetzes in Baden-Württemberg findet nun nächste Woche statt.
Die aktuelle Situation bei Müller Fleisch zeigt – in dieser und in vielen anderen Firmen und Branchen muss sich ganz dringend etwas tun, nicht nur in Zeiten von COVID 19.
Am Freitag, 12.06.2020 ab 17
Uhr, wird in Pforzheim eine Kundgebung der LINKEN und der Gewerkschaft
NGG zu den aktuellen Bedingungen bei Müller Fleisch und damit
zusammenhängenden landes- und bundespolitischen Themen stattfinden.
Die Kundgebung findet in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße statt,
zwischen Apollo Optik und Fielmann, beim „Dicken“, etwa auf Höhe der
Hausnummer 29.
Es wird dort auch die Möglichkeit geben, eine
Unterschriftenliste zu unterzeichnen, um den Belangen der Beschäftigten
Nachdruck aus der Öffentlichkeit zu verleihen.
Der Ursprung der Demonstrationen am 1. Mai liegt in der Forderung
der Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert den 8-Stunden-Tag einzuführen.
Diese historische Errungenschaft der Arbeiter*innen, von der wir
heutzutage immer noch profitieren und die nur durch konsequente
Solidarität ermöglicht worden ist.
Der 1. Mai 2020 sollte, in
Anbetracht dieser historischen Tatsache, der Tag der essentiellen
Arbeiter*innen sein – und uns anlässlich der andauernden Pandemie dazu
bewegen, uns konsequent mit den Beschäftigten in den sogenannten
systemrelevanten Berufsgruppen, ganz besonders auch im Gesundheitswesen,
zu solidarisieren.
Damit sind nicht nur Pflegepersonal und
Ärzte gemeint, sondern auch Mitarbeiter mobiler Pflegedienste,
Rettungsdienste, Verwaltungspersonal in Krankenhäusern und
Reinigungspersonal, dass ja oftmals die erste und wichtigste
Verteidigungslinie des Infektionsschutzes ist.
Denn es sollte
uns allen in diesen Zeiten klar geworden sein, dass eine überarbeitete
Ärztin, ein bis zur Belastungsgrenze angespannter Pfleger, oder eine
Reinigungskraft mit finanziellen Ängsten für niemanden gut sein kann.
Von einem „gesunden“ Gesundheitssystem würden wir alle profitieren, egal ob wir Beschäftigte, Bewohner*innen, Patient*innen oder Angehörige sind. Genau wie wir alle von der Errungenschaft des 8-Stunden-Tages alle profitiert haben.
Ein solidarisches Gesundheitssystem
Seit vielen Jahren ist es ein Kernthema der Linken
Verbesserungen in der Gesundheit und Pflege herbeizuführen. Unsere Forderungen
wurden in der Vergangenheit nur allzu häufig von den regierenden Parteien
„überhört“. Im Pflegesektor ging und geht es leider auch nur darum, möglichst
viele Profite zu erzielen.
Der gegenwärtige Dank der Bevölkerung und eine
Einmalzahlung, wie aktuell politisch diskutiert, löst die prekären Probleme in
dieser Branche nicht.
Es ist an der Zeit zu handeln!
Wenn diese Berufe durch ein höheres Einkommen und geregelte Arbeitszeiten mehr Wertschätzung erfahren, sind wir überzeugt, dass die Attraktivität dieser Arbeitsplätze enorm gesteigert wird und so langfristig der vorhandene Personalmangel reduziert werden kann.
Pflegenotstand stoppen
Wir möchten deshalb an dieser Stelle nochmal auf die Kampagne „Pflegenotstand stoppen!“ (https://www.pflegenotstand-stoppen.de/) und deren grundsätzliche Forderungen hinweisen
100.000 zusätzliche Pflegekräfte in den
Krankenhäusern!
100.000 zusätzliche Pflegekräfte in der
Altenpflege – mindestens!
500 Euro mehr Grundgehalt in der Pflege
Pflege gerecht und sicher finanzieren!
Krankenhausschließungen verhindern!
International solidarisch
Wir unterstreichen außerdem nochmal die Notwendigkeit von
internationaler Solidarität in Zeiten von Corona – so problematisch es in
Deutschland zum Teil auch sein mag, in anderen Ländern Europas sieht es noch
viel düsterer aus. Wenn wir es hier nicht schaffen, uns solidarisch zu
verhalten, wird Corona im schlimmsten Fall auch das vereinte Europa auf dem
Gewissen haben.
Gerade im Gesundheitssystem muss weltweit gelten „Menschen
vor Profite!“
Die Stadträte von WiP / Die LINKE prangern die menschenunwürdigen Arbeits- und Wohnbedingungen der rund 500 Werks- und Leiharbeiter an, die zwar bei der Firma Müller-Fleisch tätig sind und dort maßgeblich am Erfolg der Firma mitarbeiten, jedoch arbeitsrechtlich durch Verträge mit Sub-Sub-Unternehmen keine Mitarbeiter der Firma Müller-Fleisch sind.
Das Geschäftsmodell ist eine legale Form der vielfältigen Ausbeutung von „Billiglohn“-Kräften aus dem europäischen Ausland durch Aushebeln sowohl der Bezahlung nach Mindestlohn als auch der Fürsorgepflicht des Unternehmers für seine Mitarbeiter.
Bei Müller-Fleisch betrifft das fast die Hälfte der im Unternehmen Beschäftigten.„Wir erwarten, dass die Geschäftsleitung der Firma Müller-Fleisch Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernimmt, ohne die das Unternehmen nicht funktionieren könnte.
Eine Beteiligung der Firma Müller-Fleisch an den Kosten der Unterbringung derjenigen Mitarbeiter, die in Quarantäne sind, halten wir für geboten und drängen nachdrücklich darauf“, so die Stadträte.Die aktuelle Situation wird dadurch verkompliziert, dass in den Gemeinschaftsunterkünften auch Personen leben, die bei anderen Firmen als Leiharbeiter beschäftigt sind.
Es kann daher auf keinen Fall hingenommen werden, dass von Fleisch-Müller nun weitere Arbeiter aus dem Aus- oder Inland angeworben und beschäftigt werden, womöglich um diese später ebenfalls kostenintensiv in Quarantäne-Quartieren unterbringen zu müssen.
„Wir fordern die sofortige temporäre Schließung des Betriebes sowie das Testen aller in den Unterkünften lebenden Personen, unabhängig vom Arbeitgeber. Gleichzeitig fordern wir von den politischen Entscheidungsträgern der großen Koalition eine Gesetzesänderung, damit solch ethisch mehr als fragwürdigen Geschäftsmodellen und deren Folgen endlich Einhalt geboten wird“, so die Stadträte.
Die Stadträte der Gemeinderatsgruppierung WiP/Die Linke
Erschreckend hohe Anzahl von Covid 19 Infektionen bei Müller Fleisch in
Birkenfeld – Das Unternehmen muss die Unterbringung seiner Leiharbeiter
verbessern
Bundestagsabgeordneter Michel Brandt, Obmann der
Linksfraktion im Ausschuss für Menschenrechte, fordert die
Verantwortlichen beim Gesundheitsamt, den Landrat sowie den
Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim dazu auf, zu veranlassen, dass die
Wohn- und Lebensbedingungen der zumeist aus Osteuropa stammenden
Leiharbeiter*innen bei Müller-Fleisch geprüft und verbessert werden.
Brandt weiter: „Es kann nicht angehen, dass der Betrieb von Müller
Fleisch trotz der hohen Infektionszahlen ungehindert weiter geht. Ich
fordere die umfängliche Aufklärung der Vorgänge bei der Firma
Müller-Fleisch durch die Behörden.“
Grundsätzlich ist die
Unterbringung von Leiharbeitern in Massenunterkünften die keinen Wohn-
und Hygienestandards entspricht zu verbieten. Unternehmen die
ausländischen Arbeitskräfte, auch über Leiharbeitsfirmen, beschäftigen,
sind für deren Unterbringung verantwortlich zu machen. Im Zuge der
Corona Pandemie zeigt sich, dass gerade die Ärmsten am stärksten unter
der Pandemie leiden.
Der Kreisverband DIE LINKE
Pforzheim/Enzkreis weist darüber hinaus darauf hin, dass dies nicht die
ersten negativen Schlagzeilen im Zusammenhang mit Leiharbeiter*innen aus
dem osteuropäischen Ausland darstellen. Der Skandal um die unbezahlten
Leiharbeiter*innen einer ungarischen Vertragsfirma beschäftigte 2013
wochenlang die Bevölkerung und die lokalen Medien.
Niklas Beith,
Kreisvorstand DIE LINKE Pforzheim, bemängelt: „Die Verantwortlichen in
Pforzheim und im Enzkreis müssen sich fragen lassen, warum erst nach
einer sehr hohen Anzahl von Infizierten, Maßnahmen, wie Verlegung von
Bewohner*innen, ergriffen wurden. Ebenso scheint die schon damals
fragwürdige Beschäftigungspolitik bei Müller Fleisch ungebrochen
weitergeführt worden zu sein. Die Zusammenhänge sind dringend zu
hinterfragen!“
Mario Tursi, Mitglied im Kreisvorstand, ergänzt:
„Warum wurde, trotz der um sich greifenden Pandemie, nicht sofort die
Wohnverhältnisse in den Sammelunterkünften so gestaltet, dass die
Abstandsregeln eingehalten wurden und somit das Risiko hätte minimiert
werden können. Die Leidtragenden sind die Schutz- und Wehrlosesten
unseres Arbeitsmarktes“.
Am Donnerstag, dem 16.04.20, verbreitete sich in Raum Pforzheim und dem Enzkreis die Nachricht, dass bei einem großen lebensmittelverarbeiteten Betrieb bereits 90 Mitarbeitende positiv auf das neuartige SARS-CoV-2 Virus, allgemein bekannt als Coronavirus, getestet wurden.
Dieser Betrieb stellte sich im Laufe als die bekannte Birkenfelder Firma Müller Fleisch heraus.
Seit Bekanntwerden des Infektionsausbruchs haben sich bis zum heutigen Tag über 300 Mitarbeiter*innen als infiziert herausgestellt. Der gesamte Betrieb wurde unter Quarantäne gestellt, nicht oder noch nicht positiv getestete Mitarbeiter dürfen ihre Wohnungen nur für den Gang zum Arbeitsplatz verlassen.
Trauriger Höhepunkt ist
die Verlegung von positiv getesteten Mitarbeitern in das Hohenwart-Forum sowie
das Queens Hotel in Niefern, um sie dort umfassend unter Quarantäne zu stellen.
Bei den betroffenen
Mitarbeitern des Unternehmens handelt es sich überwiegend um Leiharbeiter aus
dem osteuropäischen Raum, die in Pforzheim und Umgebung in Sammelunterkünften
untergebracht sind.
Die bislang getroffenen
Maßnahmen werden sowohl von den beteiligten Stäben der Stadt Pforzheim als auch
des Enzkreises als Erfolg bewertet, insbesondere da in den Gemeinschaftsunterkünften
eine wirkungsvolle Isolation der Menschen, die positiv getestet wurden oder
corona-typische Symptome zeigen, von anderen gesunden Bewohnern nur schwer
gewährleistet werden könne, so die Leiterin des Gesundheitsamts, Dr. Brigitte
Joggerst.
Die geäußerte bisherige
Kritik an den hygienischen Verhältnissen und dem mangelhaften Krisenmanagement
der Firma ist unseres Erachtens daher berechtigt, stellt aber nur einen
Teilaspekt dieser Krise dar.
Es handelt ich sich nämlich nicht um die erste Ausnahmesituation im Zusammenhang mit Werkvertrags- und Leiharbeitskonstruktionen bei der Firma Müller Fleisch.
Der Skandal im Jahr 2013 um die unbezahlten ungarischen Leiharbeiter, die aufgrund einer extrem verschachtelten Vertragssituation mit mehreren ungarischen Subunternehmern in Deutschland zu ungarischen Leiharbeitertarifen produzierten und dann um ihren verdienten Lohn betrogen wurden, ist noch sehr präsent. Hier wies die Firma Müller Fleisch die Verantwortung mit Verweis auf die vertragliche Vereinbarung mit der ungarischen Leiharbeitsfirma von sich. Erst nach öffentlichem Druck kam es zu einer Lösungssuche.
Dieser Ausbruch kann daher nicht dem Zufall geschuldet sein, sondern ist Teil einer grundsätzlich moralisch fragwürdigen Personalpolitik der Firma Müller Fleisch, die sich zwar im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt, aber dennoch Fragen aufwirft, die bislang weder von der Geschäftsleitung umfassend erläutert wurden noch von der Stadt Pforzheim oder dem Landratsamt des Enzkreises öffentlich hinterfragt wurden.
Wie
kommt es dazu, dass erst 90 Mitarbeiter positiv getestet werden mussten, um in
die Öffentlichkeit zu gehen und erst dann umfassende Maßnahmen zu ergreifen?
Warum
wurden nicht bereits bei den ersten auftretenden Symptomen sofort Maßnahmen
eingeleitet? In welchem Vertragsverhältnis stehen die betroffenen Mitarbeiter?
Haben diese Mitarbeiter unter Umständen ihre Symptome in Angst um ihren
Arbeitsplatz verschwiegen, da sie nicht in den Genuss und den Schutz der
deutschen Arbeitsgesetzgebung kämen, sondern Arbeitsplatzverlust und fehlende
Lohnfortzahlung fürchten müssen?
Weshalb
wurde, trotz der um sich greifenden Pandemie, den bekannten Abstandsregularien
und der Tatsache, das es sich hier um einen lebensmittelverarbeitenden Betrieb
handelt, nicht sofort daran gearbeitet, die Wohnverhältnisse der Arbeitnehmer
in den Sammelunterkünften so zu gestalten, das diese eben nicht in den beschriebenen
„beengten Unterkünften“ leben müssen und sich so zusätzlichem Risiko
auszusetzen?
Weshalb
wird der Betrieb nicht sofort geschlossen und eine umfassende Untersuchung
eingeleitet, inwiefern dieser verheerende Ausbruch hätte verhindert werden
können? Die Systemrelevanz des Betriebes sollte unter diesen Umständen momentan
absolut angezweifelt werden!
Dieses wieder einmal skandalöse Geschäftsgebaren der Firma Müller Fleisch zeigt klar auf, das im Sinne der Profiterwirtschaftung und Profitsteigerung alle Register gezogen werden, die im erlaubten Bereich liegen. Die Leidtragenden dieses Gebarens sind einmal mehr die Schutz- und Wehrlosesten unseres Arbeitsmarktes, allerdings fällt dieses verantwortungslose Verhalten aufgrund der Pandemie dieses Mal auf die gesamte Bevölkerung zurück, insbesondere im Raum Pforzheim/Enzkreis sowie den angrenzenden Landkreisen.
Geradezu zynisch
erscheint in diesem Zusammenhang das Lob an die Deutsch-Rumänische Gesellschaft
in Pforzheim, die laut dem Ersten Bürgermeister der Stadt Pforzheim, Dirk
Büscher, an vielen Stellen wohl hilfreich war, „durch Übersetzer oder durch
Kontakte in die Community hinein.“
Hilfreich wäre, die rumänischen Mitbürger und Mitarbeiter umfassend über ihre Rechte als Bürger und Arbeitnehmer in Deutschland zu unterrichten, hilfreich wäre ein Eintreten gegen staatenübergreifende Leiharbeits- und Werkverträge zum Zwecke von Lohndumping und zur Umgehung arbeitsrechtlicher Hemmnisse. Sich für eine unterstützende Tätigkeit nach Ausbruch einer Pandemie aufgrund der beschriebenen Zustände loben zu lassen, sollte eher nachdenklich stimmen.
Wir fordern daher nicht
nur
volle Aufklärung der Vorgänge bei der Firma Müller Fleisch durch die Behörden
schnelle und unbürokratische Unterstützung der betroffenen Mitarbeiter, auch bei den nicht optimalen Wohnverhältnissen
die vorübergehende Schließung des Werks und hier ebenso finanzielle Hilfen für die betroffenen Mitarbeiter
sondern ebenso, insbesondere
der Ausbruch der Pandemie hat dies offensichtlich gemacht
ein
klares Verbot eines Beschäftigungsmodells mit Leiharbeitern aus dem Ausland,
das einen solchen Ausbruch wie bereits erläutert aufgrund von Angst um den
Arbeitsplatz Vorschub leistete
ein
generelles Umdenken bei der Gesetzgebung im Zusammenhang mit Leiharbeit und
Werkverträgen
eine
europaweite Harmonisierung von Beschäftigungsverhältnissen und Entlohnung zur
Bekämpfung von Lohndumping und prekärer Beschäftigung
Die aktuell in ganz Deutschland
stattfindenden Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen bündeln rechte
Verschwörungstheoretiker, Nationalisten, Reichsbürger und hier vor Ort
scheinbar auch zu einem kleinen Teil ehemalige oder gegenwärtige Linke.
Zu diesen Vorgängen stellen wir
klar:
Wir unterstützen diese Demonstrationen in keiner Weise und haben mit der Organisation dieser Demonstrationen hier vor Ort nichts zu tun. Mitglieder der LINKEN. Pforzheim/Enzkreis, die an diesen Demonstrationen teilnehmen, tun dies aus eigener Initiative und aus eigenem Ermessen. Wir raten unseren Mitgliedern jedoch unmissverständlich davon ab, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen.
Wir halten generell nichts von (Zweck-)Bündnissen mit einer oder mehreren der oben genannten Gruppierungen und werden diese niemals eingehen. Damit sind explizit auch Querfronten jeglicher Art gemeint.
Wir nehmen die Pandemie ernst. Leider gibt es aktuell keine Studien darüber, welche Maßnahmen wirksamer oder weniger wirksam sind. Klar ist jedoch, dass jetzt gehandelt werden muss, um Menschenleben zu schützen. Im Zweifelsfall muss das unser oberstes Gebot sein. Verlust von Wirtschaftskraft oder ein „Erliegen des Soziallebens“ als Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen sind ein absoluter Irrweg.
Grundrechte, wie das Recht auf Versammlungsfreiheit, müssen trotzdem unbedingt geschützt werden. Wir sehen es sehr kritisch, dass in den letzten Wochen deutschlandweit Demonstrationen z.B. der Seebrücke unverhältnismäßig hart unterbunden wurden, selbst wenn diese oftmals nur symbolisch und unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben stattfanden. Wenn „Anti-Corona“-Demonstrationen, wie die am 25.04.2020, jedoch stattfinden können, dann zeigt das, dass es hier eventuell eine Kurskorrektur der Regierung und Verwaltungen gegeben hat, was wir begrüßen, auch wenn wir speziell diese Demonstrationen inhaltlich ablehnen.
Mario Tursi, Mitglied unseres
Kreisvorstands, dazu: „Gerade wir Linke sind uns unseres Erbes bewusst. Der
Rechtstaat und die Verteidigung der Grundrechte werden immer Kompass und
Maßstab unseres Handelns sein. Doch ist in diesen außergewöhnlichen Zeiten der
Schutz des Lebens und die Solidarität mit den Schwächsten und Verletzlichsten
das Gebot der Stunde. Unsere Grundwerte sowie unsere Überzeugungen waren, sind
und werden niemals kompatibel sein mit jenen, die sich hier unter dem
Deckmantel der Verteidigung der Demokratie versammelt haben.“
Am 23. Februar 2020 fand auf dem Pforzheimer Wartberg, wie schon in den Jahren zuvor, eine „Mahnwache“ des sogenannten „Freundeskreises Ein Herz für Deutschland“ statt.
Die Stadt Pforzheim, die Pforzheimer Bevölkerung und zahlreiche auswärtige Unterstützer haben sich klar gegen diese „Mahnwache“ positioniert und dies in vielfältiger Weise zum Ausdruck gebracht, unter anderem mit einem Demonstrationszug auf den Wartberg, um in friedlicher Weise den Rechtsradikalen ihren skandalösen Aufzug so schwer wie möglich zu gestalten.
Auf dem Wartberg kam es leider zur gewalttätigen und in keiner Weise gerechtfertigten Eskalation der Ordnungskräfte in Form von Schlagstockgebrauch und Einsatz von Pfefferspray gegen die Demonstranten, es gab Verletzte.
Das Polizeipräsidium Pforzheim lies zunächst im Nachgang nichts dergleichen verlauten, sondern sprach lediglich von „Provokationen“ seitens der Demonstranten. Erst mit Auftauchen von Videomaterial, das den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt klar dokumentiert und darüber hinaus aufzeigt, dass die Einsatzleitung den klaren Befehl gab, die Demonstrierenden passieren zu lassen, äußerte sich die Polizei. Dies jedoch in keiner Weise deutlich, sondern mit Verweis auf „noch laufende Nachbereitung“. Wir fragen deshalb:
• Wie kommt es dazu, dass vermummte Polizeikräfte scheinbar wahllos und ohne Konsequenzen Bürgerinnen und Bürgern Gewalt antun?
• Hat die Polizei Baden-Württemberg Verständigungsprobleme oder fällt es bestimmten Polizeibeamten in Baden-Württemberg generell schwer, klare und deutliche Befehle einer weiblichen Vorgesetzten zu befolgen? Hier haben wir einen schweren Fall von Gehorsamsverweigerung im Dienst, allein dies wäre disziplinarisch zu rügen!
• Hat die Polizei Baden-Württemberg ein internes Problem mit der Gleichstellung von Frauen im Dienst, dem modernen Frauenbild und der Emanzipation im Allgemeinen?
• DIE LINKE. KV Pforzheim/Enzkreis war, wie viele andere Bürgerinnen und Bürger, zugegen. Am Straßenrand wurden Verletzte behandelt, denen offensichtlich Gewalt angetan wurde. Wie kann es sein, dass dies in der Pressemitteilung der Polizei nicht thematisiert wurde, obwohl selbst Polizeikräfte an den Verletzten vorbeiliefen? Unterschlägt die Polizei etwa gerne unangenehme Tatsachen? Wir fordern entsprechend:
• Umfassende Aufklärung dieser skandalösen Vorgänge!
• Klare Richtlinien, um derartige Auswüchse in Zukunft zu vermeiden!
• Eine Entschuldigung der Polizei sowohl für den Einsatz von unverhältnismäßiger Gewalt als auch für den offensichtlichen Versuch, diese durch Verharmlosung und Auslassung zu vertuschen!