Doppelter Irrsinn beim Betreuungsgeld

11. August 2013  Allgemein

von Diana Golze DIE LINKE

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Karikatur: Harm Bengen

Wer die Voraussetzungen für Elterngeld (BEEG) erfüllt, ist grundsätzlich auch berechtigt Betreuungsgeld zu erhalten. Vorausgesetzt werden, dass der Wohnsitz in der Bundesrepublik liegt, das Kind, auf das Anspruch gründet, im Haushalt lebt und selbst betreut wird sowie dass keine volle Erwerbstätigkeit vorliegt.

Wie die neuen Richtlinien zur Umsetzung des Betreuungsgeldes (Stand: 12. Juli 2013) zeigen, gibt es beim Betreuungsgeld abweichend vom Elterngeld einige Sonderregelungen, die erneut die Absurdität des Betreuungsgeldes dokumentieren:

1. Posse: Ein Anspruch auf Betreuungsgeld existiert auch dann, wenn die Familie mit dem Kind im Ausland lebt. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens ein Elternteil in der Bundesrepublik erwerbstätig ist (oder hier wohnt, oder eine deutsche Rente bezieht). Innerhalb der EU (sowie in der Schweiz) ist jedoch der „Doppelbezug“ von Sozialleistungen für den gleichen Zweck ausgeschlossen, so dass Betreuungsgeld nur gezahlt wird, wenn das Kind im Ausland nicht in eine Kita geht. Beispiel: Eine deutsche Familie lebt in Bern in der Schweiz. Der Vater arbeitet als Grenzgänger in der Bundesrepublik. Die Mutter betreut das Kind, das keine Kita besucht – da in der Schweiz viel zu teuer. Diese Familie ist berechtigt, Betreuungsgeld zu erhalten. Im Nicht-EU-Ausland kann auch dann Betreuungsgeld bezogen werden, wenn das Kind in eine Kita geht – vorausgesetzt, ein Elternteil arbeitet in Deutschland. Sind solche Fälle auch schwer denkbar – beispielsweise: Familie lebt in Norwegen, Vater arbeitet in Deutschland -, so findet hier dennoch strukturell eine Besserstellung von Familien statt, die im Ausland leben.

2. Posse: Die eingeschränkte Erwerbstätigkeit wie beim Elterngeld von maximal 30 Stunden pro Woche wird beim Betreuungsgeld ausdrücklich aufgehoben. Obwohl das Kind in keine Kita gehen darf, sondern selbst betreut werden muss, wird die Möglichkeit zur vollen Erwerbstätigkeit eingeräumt. Bei einer Familie, die im EU-Ausland lebt oder in der Schweiz, wäre das Kind dann allein zu Hause, wenn Vater in der BRD arbeitet und die Mutter am Ort des jeweiligen Wohnsitzes. Es bestünde aber Anspruch auf Betreuungsgeld.

3. Posse: Betreuungsgeld erhalten Eltern nur für Kleinkinder, die nicht älter als ein Jahr sind. § 4b.2 – Stichtagsregelung: „Betreuungsgeld nur für Kinder, die ab dem 1.August 2012 geboren sind.“ Dies ist kein technischer Fauxpas, sondern offensichtlich gewollt. „Aufgrund der Stichtagsregelung wird das Betreuungsgeld bis zum 1. August 2014 nur für Kinder gewährt, die unter zwei Jahre alt sind.“ Damit ist die Hauptgruppe der potentiell betroffenen Kinder vom Betreuungsgeld ausgeschlossen bis zum Jahr 2014.

„Das Betreuungsgeld ist nicht nur eine sozial schädliche und rückwärts gewandte Leistung. Die konkrete Umsetzung ist auch völlig irrsinnig geregelt. Mit der behaupteten Wahlfreiheit für Eltern hat das Betreuungsgeld gar nichts zu tun. Wir brauchen mehr und bessere Kitaplätze und kein Milliardengeschenk für den bayerischen CSU-Wahlkampf“, stellt Diana Golze klar.